HauptrednerInnen

Gustl Marlock Die strukturellen Veränderungen in der Seele der Postmodernität

Die Theorien der Psychoanalyse und der Körperpsychotherapie sind in ihren Grundlagen tief verwurzelt im kulturellen Hintergrund des letzten Jahrhunderts. Diese ‚Kultur des Gehorsams’ drückte sich zum Beispiel in dem Gedanken von Charakter als Inhibitionssystemen aus und ergaben Methoden, die Ausdruck und Impuls förderten. In den letzten Jahrzehnten hat sich jedoch die westliche Gesellschaft gewaltig verändert.
In postmodernen Kulturen des Konsumdenkens hat sich Freud’s Idee, dass Freiheit gegen die strukturelle Sicherheit der Kultur steht, in ihr Gegenteil verkehrt. Symptomatisch für diese Veränderung ist, dass wir vermehrt diffuse, amorphe Ängste sehen, wachsende strukturelle Defizite und chronische Abhängigkeiten, wie in Narzisstischen und Borderline-Dynamiken und in weitverbreiteten Tendenzen zur Regression.
picture

Gustl Marlock

Gustl Marlock hat Pädagogik studiert und ist ein diplomierter Psychologischer Psychotherapeut sowie Psychotherapeut für Kinder und Jugendliche. Er ist Mitleiter der deutschen Ausbildung in Unitiver Körperpsychotherapie. Er gehört zum Advisory Board zweier psychodynamischer Psychotherapie-Ausbildungen und arbeitet als Ausbildner, Supervisor und Ausbildungstherapeut auf dem Gebiet. Er ist Mitherausgeber des ‚Handbuchs der Körperpsychotherapie’

Maurizio Stupiggia Schmerz in der virtuellen Welt: eine neue Herausforderung für die Körperpsychotherapie.

Psychotherapie braucht eine Formulierung neuer Paradigmen.
Gesellschaftliche Krisen und Modernisierung haben Psychopathologien wesentlich verändert. Psychotherapeuten heutzutage behandeln oft Störungen, die eigentlichen keine psychischen Erkrankungen sind sondern abnormale Reaktionen auf belastende Lebensumstände.
Klassische Syndrome wie Depression, Angst oder Zwangsstörungen lassen sich unter dem Aspekt neuerer Veränderungen der Psychopathologie betrachten.
Eine Zunahme von Persönlichkeitsstörungen und neue Formen der Psychopathologie, wie der dysfunktionelle Gebrauch des Internets und einige Suchtkrankheiten, erfordern eine veränderte klinische Praxis.
Die Analyse der Veränderungen, die durch die digitalen Medien entstehen, zu analysieren, insbesondere Dissoziation und Somatoforme Dissoziation, ist ein wesentlicher Schlüssel zum Verständnis der neuen Störungsbilder.
picture

Maurizio Stupiggia

Maurizio Stupiggia, Körperpsychotherapeut.
Arbeitet als Trainer in mehreren europäischen Ländern, in Japan und Lateinamerika. Professor für allgemeine Psychologie an der Universität Genua (Medizinische Fakultät). Gemeinsam mit Jerome Liss hat er die Internationale Schule für Biosystemik gegründet.
Neben vielen Artikeln hat er zwei Bücher geschrieben, die in andere Sprachen übersetzt wurden: “La terapia biosistemica” und “Il corpo violato”. In Zusammenarbeit mit anderen Autoren hat er “Il benessere nelle emozioni” (2009), und “Biosistemica, la scienza che unisce” (2015) publiziert.

Lidy Evertsen Innere und äußere Verbindungen herstellen

In den letzten 70 Jahren hat sich in den westlichen Gesellschaften vieles verändert. Die Globalisierung wirkt sich zunehmend auch auf den zwischenmenschlichen Kontakt aus. Das Tempo des Lebens ist schneller denn je, und die Menschen leben unter Erfolgsdruck und dem Zwang, viele Rollen zu integrieren, um nur einige Veränderungen zu nennen.
Manche Anliegen und Probleme, mit denen Klienten in die Praxis kommen spiegeln diese Veränderungen wider. Andere Phänomene sind weniger neu, aber rücken vermehrt in den Fokus . Aktuell werden wir verstärkt mit Burn-out, ADHS, Borderline-Symptomatik und Angstneurosen konfrontiert.
In diesem Vortrag möchte ich einen klinischen Ansatz vorstellen, der die Dissoziation als zugrundeliegende Dynamik in den Blick nimmt, und die daraus resultierenden Schwierigkeiten im Umgang mit der heutigen Welt erörtert. Dabei verstehe ich die ‚heutige Welt’ sowohl als die moderne Gesellschaft als auch die aktuelle Lebenswirklichkeit des Einzelnen, die sich von seiner Lebensgeschichte unterscheidet.
picture

Lidy Evertsen

Lidy Evertsen, Körperpsychotherapeutin in eigener Praxis seit 1993; Methoden: Unitive Psychotherapie, Bodynamic Analysis; spezialisiert auf Arbeit mit Dissoziation und DID (dissoziativen Störungen); Bodynamic Traumatherapeutin; Ausbildnerin, Supervisorin und Lehrtherapeutin für Körperpsychotherapie (in Ausbildung und danach); Präsidentin der EABP 2010-2016; aktiv in der Entwicklung des Berufsstandes der Körperpsychotherapie im EABP Think Tank, Mitglied Continuous Congress Content Committee (CCCC) und CPC, Congress Planing Comittee.

Jeanne Nakamura Über die Erfahrung von Flow

Im täglichen Leben stehen Handlung, Absicht, Körper und Geist, Person und Umwelt oft im Widerspruch zueinander. Vor diesem Hintergrund wurde der Zustand des ‘Flow’ – die Erfahrung vollständigen Aufgehens in dem, was man tut – als eine Art optimaler Erfahrung beschrieben. Im Flow zu sein wird an sich als bereichernd erlebt, unabhängig von Produktivitäts- und Leistungsanforderungen. Die Forschung hat gezeigt, dass dieser Zustand des sich vollständigen Einlassens bei verschiedenen Aktivitäten auftaucht – bei der Kunst, beim Sport, bei der Arbeit und sozialen Interaktionen. Der Vortrag beschreibt das Konzept des Flow und diskutiert die psychologische Forschung zum Flow-Erlebnis. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Berichten von Menschen über den Flow-Zustand und seiner Dynamik in deren täglichen Leben.
picture

Jeanne Nakamura

Jeanne Nakamura ist außerordentliche Professorin für Psychologie an der Claremont Graduate University in Kalifornien. Sie erhielt ihren Ph.D. an der Universität von Chicago. Sie ist gemeinsam mit Mihaly Csikszentmihalyi Mitbegründerin des Forschungszentrums für positive Psychologie und Lebensqualität in Claremont und Mitglied des Beirats der International Positive Psychology Association. Sie untersucht das positive menschliche Funktionieren in seinen Entwicklungszusammenhängen, einschließlich dem lebendigen Engagement und der Kreativität, des Mentoring und befriedigender Arbeit sowie eines positiven Alterungsprozesses. Sie ist Co-Autorin der Bücher Good Mentoring und Creativity and Development. Ihre aktuelle Arbeit beschäftigt sich mit der Motivation und dem Engagement im Erwachsenenalter, den prägenden Einflüssen von Mentoring und der Ausbildung guter Mentoren, sowie sozialer Innovation nach Sechzig als Modell für positives Altern.

Rae Johnson Vom Umgang mit Genderfragen in der KPT

KörperpsychotherapeutInnen sind in einer guten Ausgangslage, um Themen von Gender und Sexualität auf authentische und stärkende Weise zu bearbeiten. Als Kliniker verfügen wir über die Fähigkeit zur Wahrnehmung sowohl der körperlichen als auch der intersubjektiven Dimension von Körperpsychotherapie. Dies ermöglicht es uns, auf kreative Art und Weise zu erkunden, wie die Geschlechtlichkeit körperlich erlebt wird. In der Vergangenheit wurde die Genderfragen im Diskurs der Körperpsychotherapie vernachlässigt. Im Vortrag wird dargelegt, wie KörperpsychotherapeutInnen zu einer ganzheitliche Erfahrung von Geschlechtlichkeit und sexueller Vielfalt kommen können, welche komplexen Bereiche von diesen Themen in ihnen selbst und ihren Klienten berührt und beleuchtet werden und wie sie mit mehr Selbstvertrauen sich in diesem Feld bewegen können.
picture

Rae Johnson

Rae Johnson, PhD, RSMT (Registed, Somatic Movement Therapist), ist eine Wissenschaftlerin, die an der Schnittstelle zwischen Somatik und sozialer Gerechtigkeit arbeitet. Sie ist Autorin von „Embodied Social Justice“ und mehreren Artikeln und Buchkapiteln über Genderfragen in der Psychotherapie.

Carmen Joanne Ablack Fallstricke und Möglichkeiten „interkultueller Arbeit“ für die Körperpsychotherapie

Wenn wir die Kultur und die Lebensformen im 21. Jahrhundert tiefer erkunden, stoßen wir unweigerlich auf verkörpert-intersubjektive und interkulturelle Dynamiken. Der Bezug auf darstellende Künste und andere kreative Ausdrucksformen unterstützt die Wahrnehmung von interpersoneller Gegenseitigkeit und sozialer Bindung. Der Blick auf die interkulturelle Dynamik offenbart auch Spannungen, Konflikte und Missabstimmungen, die wir bearbeiten müssen. Dafür sind Prozesse des Gewahrwerdens eigener Identifikationen und der Bedeutung, die sie heute für uns haben, hilfreich.
Eine sich vertiefende Wahrnehmung des „verkörperten interkulturellen Bodens“ hilft uns besser zu verstehen, welche zentrale Bedeutung differenzierte und einladende Dialoge für lebendige soziale Bindungen und verkörperte Begegnungen haben.
picture

Carmen Joanne Ablack

Carmen Joann Ablack, MSc, hat ein spezielles Interesse an psychischer Gesundheit, sozialer Verantwortung und erzieherischen Themen, besonders des Zugangs zu Berufsausbildungen. Sie ist gegenwärtig Präsidentin der EABP und ehemalige Vorsitzende der Chiron Association for Body Psychotherapists (CABP). Sie ist außerdem Mitglied des Vorstandes des Black, African and Asian Therapy Network (BAATN) in Großbritannien. Ihre publizierten Arbeiten spannen einen weiten Bogen und schließen zeitgenössische klinische Praxis, interkulturelle Kommunikation, Dilemmas der Diversität, Trauma, Zugang und Regulation ein.

Michael Randolph Über Vitalität

Jenseits der beinahe universellen Panzerung, die Reich in unseren Gesellschaften wahrgenommen hat, prägen Bewegung, Töne, Gesten, Rhythmus und Sprache unseren Austausch mit der Welt und sind der Ursprung unseres Menschseins. Die Körperpsychotherapie kann diese Vitalität wieder herstellen. Sie ermöglicht uns, uns wieder mit uns selbst zu verbinden und auseinanderzusetzen, frei von einer bestimmten Art der intellektuellen Tyrannei, die vielen anderen, strategischen oder überdefinierenden Formen der Psychotherapie zu eigen ist. Weil Emotionen so einen kraftvollen Aufwand unserer Vitalität darstellen, bilden sie unweigerlich einen beträchtlichen Teil der Essenz der Körperpsychotherapie. Dennoch sind sie nur ein Teil eines pulsatorischen Ganzen, der auf der natürlichen Expansion und Kontraktion des Lebens in der menschlichen Erfahrung beruht.
picture

Michael Randolph


Michael Randolph, General Secretary of French Union of Psychotherapists for eleven years, till 2011. Board member and chairman of membership committee of the European Association of Integrative Psychotherapy for nine years till 2009.
1978 - 1980 Psychotherapist in Denver, Colorado, USA.1980 - 1985 Body-Psychotherapist in Munich, Germany - 1985 - 2009 Psychotherapist and Body Psychotherapist in Toulouse, France.
Co-founder Radix post-Reichian Therapy Association 1985. Runs training and experiential workshops in Poland, the UK, France and Romania. Contributed chapter on Vitality Handbook of Body-Psychotherapy, 2000.

 

Alan Fogel Formen des Selbstgewahrsein und die therapeutische Vitalität des “Verkörperten Selbstgewahrseins”

Formen des Gewahrseins können verminderte oder nicht vorhandene Wahrnehmungen des Selbst, ebenso wie funktionale oder dysfunktionale Selbstbilder und Selbstkonzepte sowie dysfunktinale Somatisierung und Grübeleien, die häufig von Schmerz, Erschöpfung, Ängstlichkeit und Depression begleitet werden, sein. Verkörpertes Selbstgewahrsein verläuft über Nervenbahnen, die direkte Verbindungen zu psychophysiologischen Prozessen haben, welche die Verminderung von Schmerzen, von Grübeln und Angst fördern, die Gefühle des Wohlbefindens, der Entspannung und der Selbstakzeptanz unterstützen und die die Regulation von Stress, Immunfunktionen, kardiovasluäre, Verdauungs- und Amtungsfunktionen verbessern. Dieser Vortrag wird die subjektiv wahrnehmbaren und physiologischen Marker von verkörpertem Selbstgewahrsein im Klienten als auch im Therapeuten erforschen und diese sind gänzlich anders als man denkt.
picture

Alan Fogel

Alan Fogel, Professor der Psychologie Emeritus, University of Utah, USA
Rosen Method Körperarbeit Praktizierender und erfahrener Ausbildner.
Salt Lake City. Utah, USA
Autor zahlreicher Veröffentlichungen vor allem von dem Buch: Selbstwahrnehmung und Embodiment in der Körperpsychotherapie: Vom Körpergefühl zur Kognition. Stuttgart, New York: Schattauer-Verlag, 2013.

Manfred Thielen Körperpsychotherapie und die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft

Die Körperpsychotherapie geht auf die Pioniere W. Reich und E. Gindler zurück. Sie hat eine tiefenpsychologische Geschichte, sich aber seit den 60 er Jahren in Richtung Humanistische Psychotherapie entwickelt. In Deutschland ist sie eine ihrer Ansätze. Durch die Erkenntnisse der prä-, peri- und postnatalen Psychologie, der Säuglings- und Bindungs-, Gehirn- und Genderforschung und vor allem ihrer klinischen Praxis wurde sie qualitativ erweitert. So kann sie sich den gesellschaftlichen, kulturellen und vor allem klinischen Herausforderungen stellen. Die neoliberale narzisstische Prägung der Gesellschaft hat auch zu einer Zunahme von narzisstischen und Borderline-, Persönlichkeitsstilen geführt, die durch die moderne Körperpsychotherapie angemessen therapiert werden können.
picture

Manfred Thielen

Manfred Thielen, Dr. phil., Dipl.-Psych., Psychologischer Psychotherapeut, Körperpsychotherapeut, Ausbilder, Lehrtherapeut, Supervisor, Leiter des Instituts für Körperpsychotherapie Berlin, Dozent am Institut für Psychotherapie Potsdam , der Berliner Fortbildungs Akademie, an der Akademie für angewandte Psychologie und Psychotherapie Köln, Lehrbeauftragter an der Hochschule Magdeburg-Stendal, Mitglied im Redaktionsbeirat des Psychotherapeutenjournal, Delegierter der Berliner Psychotherapeutenkammer und der Bundespsychotherapeutenkammer, .Vorsitzender der DGK, Vorsitzender der AGHPT. Autor zahlreicher Veröffentlichungen zur Körperpsychotherapie, zuletzt: Thomas Harms& Manfred Thielen (Hg.): Körperpsychotherapie und Sexualität. Grundlagen, Perspektiven und Praxis. Gießen 2017, Psychosozial-Verlag

Andreas Peglau Rechtsruck im 21. Jahrhundert. Wilhelm Reichs „Massenpsychologie des Faschismus“ als Erklärungsansatz

Seit 2014 ist in Europa und den USA ein politischer „Rechtsruck“ zu verzeichnen, mehren sich in Deutschland Wahlerfolge „rechter“ Parteien und fremdenfeindliche Einstellungen.
Vor einem Wiedererstarken des Faschismus hat bereits Bertolt Brecht gewarnt: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“ Aber was ist dieser „Schoß“?
Wilhelm Reich, der zwischen 1930 und 1933 in Berlin die erste Form der Körperpsychotherapie entwickelte und an der „Massenpsychologie des Faschismus“ schrieb, gab brisante Antworten auf diese Frage. Doch diese werden bis heute in Politik und Rechtsextremismusforschung fast durchgängig ignoriert. Ohne Reichs Erkenntnisse zu berücksichtigen, dürfte es jedoch weder eine Chance geben, die internationale „braune Renaissance“ zu verstehen noch ihr wirkungsvoll entgegenzutreten.
picture

Andreas Peglau

Andreas Peglau, geboren 1957, Dr. rer. medic., Dipl.-Psychologe, Psychoanalytiker. 2013 erschien sein Buch „Unpolitische Wissenschaft? Wilhelm Reich und die Psychoanalyse im Nationalsozialismus“ , 2017 „Rechtsruck im 21. Jahrhundert“. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Leben und Werk Wilhelm Reichs und anderen psychosozialen Themen, siehe: http://andreas-peglau-psychoanalyse.de/.