Hörsaal – Präsentation 9 16. Oktober (09:30 – 11:00)

Runder Tisch: “Gemeinsamkeiten (common ground) bei den verschiedenen Körperpsychotherapie – Ansätzen”
mit Eleni Stavroulaki, Judyth O. Weaver, Luisa Barbato, Michael Heller und Ulfried Geuter
Moderator: Sheila Butler

Gemeinsamer Boden in der Körperpsychotherapie: Dialog und Debatte

Gemeinsamer Boden ist ein interessanter Ausdruck, der seit längerer Zeit im Gebrauch ist. Der Begriff “common ground” kann eine unterschiedliche Bedeutung für verschiedene Personen haben und manchmal sogar unterschiedliche Dinge der gleichen Person, an verschiedenen Momenten ihres Lebens, bedeuten.
Was wir genau meinen mit dem Begriff “common ground”, wird ein Ausgangspunkt für unsere Diskussion sein, wobei die Teilnehmer jeweils ihren eigenen spezifischen Beitrag in diesen Dialog und Debatte hineintragen. Auf welche Weise nehmen wir in unserem Feld den gemeinsamen Boden der Körper- oder somatischen Psychotherapie wahr? Welche Elemente teilen wir? Und vielleicht, ist da kein gemeinsamer Boden bei dem was wir tun?
Über Beispiele werden wir unsere Repräsentation vom gemeinsamen Boden erkunden, die Glaubensvorstellungen, die Hauptelemente und Argumente, welche in der Art unserer Praxis präsent sind. Haben bestimmte Behauptungen einen “common ground status”?
Der Runde Tisch wird scheinbar gegensätzliche Elemente zusammenbringen, um durch den Dialog neue Bedeutungen zu kreieren und zu entdecken. Einige Gesichtspunkte und Fragen beinhalten;

Ulfried Geuter
Ich schlage vor darauf zu fokussieren, wie wir Körperpsychotherapie als psychotherapeutischen Ansatz verstehen. Ich vermute wir haben als Gemeinsamkeit eine body-mind Praxis, welche Prozesse mit einschließt wie, Körperwahrnehmung, Körperausdruck, oder Körper zu Körper- Kommunikation in der Interaktion. Weiter denke ich, haben wir als Gemeinsamkeit, dass wir unseren body-mind Ansatz als Theorie definieren möchten. Doch wir unterscheiden uns darin, wie wir dieses tun sollen: Einige sehen das Energie-Konzept als einen gemeinsamen Boden, andere Achtsamkeit. Ich bevorzuge ein Konzept, welches die Körpererfahrung als das Fundament der Selbsterfahrung betrachtet. Das bedeutet, wir arbeiten mit dem subjektiven oder gefühlten Körper einer Person und wir können dies tun, indem wir verschiedene Techniken einschließen, des Sprechens, des Empfindens, der Wahrnehmung, Bewegung, Handlung, Erkundung, Berührung, des Haltens, der Aktivierung, Beruhigung, des Spiels, der Verkörperung…

Michel Heller
Jede Körperpsychotherapie- Schule vereint eine Vielzahl der bestehenden psychotherapeutischen Modelle in der Funktion ihres eigenen kreativen Prozesses. Jedoch, in ihrem Interesse an der Integration von Körperdynamiken, teilen diese Synthesen eine gewisse Anzahl gemeinsamer Anliegen. Hier sind einige Kennzeichen, welche in meiner Betrachtung, die Klassifikation dieser heterogenen Schulen in der Körperpsychotherapie-Modalität rechtfertigen:

  1. Körperpsychotherapie ist eine Psychotherapie
  2. Körperpsychotherapie ist eine Form der Psychotherapie, welche Körper-Techniken in integrativer Weise anwendet
  3. Körperpsychotherapie ist eine Form der Psychotherapie, die ebenfals body-mind Ansätze in integrativer Weise anwendet
  4. Körperpsychotherapeuten arbeiten oft mit vegetativen (physiologishen) autonomen Rektionen und den Empfindungen, welche diese Dimension in den Geist aktivieren. Diese Phänomene psychologisch integrieren lernen, ist ein Schlüsselmerkmal von Ansätzen wie der von Wilhelm Reich‘s Vegetotherapie

“Integrativ” bedeutet, dass die Anwendung Körper- und body-mind Methoden auf der Ebene psychotherapeutischer Theorie, Modelle und Techniken gerechtfertigt sind.
Sollte jemand fragen, welche dieser Dimensionen Körperpsychotherapie kennzeichnet, würde ich antworten –alle vier-, da sie sich selten explizit von einander unterscheiden.
Ich werde ebenfalls die nützlichen Implikationen der Vision von Pierre Janet erkunden, als einen grundlegenden Bezugspunkt für die Definition der Psychotherapie. Er differenziert den Körper (oder physischen Körper), das organische Leben (für Soma oder Physiologie), Emotionen und Bewusstsein. Überwiegend vermeidet er solche umfassende Kategorien und bevorzugt es, spezifischere, beschreibende Begriffe zu verwenden, ohne genau anzugeben wie er sie anlegt. Er verwendet selten
den Begriff Organismus, wenn er es jedoch tut, bezieht er sich auf eine individuelle Einheit, bei der eine immense Anzahl von Fakten erfahren werden kann.

Eleni Stavroulaki
“Die Integration des Körpers der Körperpsychotherapie”
Die Komplexität von Energien, die im Körper miteinander verbunden sind, wird in den mehrdimensionalen Modalitäten der Körperpsychotherapie widergespiegelt. Konfrontiert mit der experimentellen und auf Erfahrung beruhenden Natur der Körperarbeit, müssen wir uns festlegen auf unentbehrliche Qualitäten der Therapie:

  1. Das Auftauchen von somatischem Bewusstsein des Klienten, nicht als Bodymapping neurotischer Gefühle sondern als Gefühl der Existenz
  2. Entwicklung unserer somatischen Resonanz in der therapeutischen Beziehung und der somatischen Aspekte von Übertragung und Gegenübertragung
  3. Untersuchung und Bearbeitung der Bewegung und der Transformation von Energie durch verschiedene Kanäle des Bodymind

Luisa Barbato
“Der Gemeinsame Boden: Körperpsychotherapie, Affektive Neurowissenschaft und die PNEI“
Die neuesten Entdeckungen und Einsichten der Affektiven Neurowissenschaft und der Psycho-Neuro-Endokrino-Immunologie (PNEI) bestätigen deutlich und unterstützen alle körperorientierte Psychotherapieansätze und etablieren dadurch ihren gemeinsamen Boden. Neurowissenschaftliche Forschung beweist, dass der Mensch ein „einheitliches verkörpertes System“ ist und hebt hervor, wie das Selbst und die wichtigsten psychosomatischen Funktionen durch „sieben emotionale Systeme“(Panksepp, 2012) reguliert sind. Das Ungleichgewicht dieser sieben Systeme hat eine tiefe Wirkung auf das Bewusstsein und auf die psychosomatische Struktur des Selbst, liefert wissenschaftliche Erklärungen über menschliche Persönlichkeiten, über die Herkunft energetischer Blockaden, über Charakter und muskuläre Panzerung. Die Beweise deuten auf die Notwendigkeit einer wissenschaftlicheren, körperorientierten Psychotherapie, Ausdruck eines integrativen therapeutischen Ansatzes, basierend auf einer verkörperten Bewusstheit des Selbst.

Judyth Weaver
Ich hab den Eindruck, ich fange gerade an zu lernen, was unser “gemeinsamer Boden” ist und wie wir alle zu unseren Praktiken gekommen sind… so gemeinsam und unterschiedlich sie auch sind… es wird sehr interessant sein.
Ich frage mich, wie die neuen Ergebnisse der Neurowissenschaften die Art wie Leute arbeiten beeinflussen und vielleicht auch verändern, persönlich frage ich mich auch, wie und wenn ja, wie sehr, die anderen ihren Einfluss und ihr Wissen über prä-und perinatale Erfahrungen und Psychologie in ihre therapeutischen-und Lehrtätigkeit mit hineintragen. Ein weiterer möglicher „gemeinsamer Boden”: wie viel Bewusstsein und Verwendung von Bewegung wird in ihre Arbeit hineingetragen?

Der Runde Tisch wird einen Prozess für das Entdecken von Bedeutungsebenen fördern durch interaktiven Dialog
(Dialogos- Διάλογος), eine kollektive Erkundung von Ideen und der Erweckung neuer Fragen.
Wir laden alle ein, sich für die Bereiche, Themen und Erfahrungen welche erkundet werden zu engagieren, auf sie ernsthaft einzugehen, mit Offenheit und einem Geist des Staunens. Auf diese Weise können wir manchmal unseren Weg finden, hin zu etwas völlig neuem.

“Ein Strom von Bedeutung fließt unter und durch und zwischen uns„

Wir freuen uns Sie dort zu sehen!
Sheila Butler

CVs

Sheila Butler (moderator)
Sheila arbeitet als Klinische Forscherin und Koordinatorin von Projekten für Psychische Gesundheit und Psychologische Therapien an dem Nationalen Gesundheits -Service (NHS) in UK. Sie ist praktizierende Psychotherapeutin und ebenfalls Dozentin an der Open University. Sheila‘s Interessen liegen in der Entwicklung einer interdisziplinären Debatte um die Basis für die nächste Generation von Praxis und Forschung zur Verfügung zu stellen, eine solche welche auf das Zusammenspiel fokussiert, zwischen den biologischen, psychologischen, sozialen und kulturellen Faktoren. Aktuelle Entwicklungen auf diesem Feld haben ihren Arbeitsfokus darin, Praxis/ Praktizierende Forschungs-Netzwerke zu entwickeln und zu implementieren, um einen Raum herzustellen für Exploration und gegenseitiges Lernen innerhalb einer Gemeinschaft von Praktizierenden. Sie ist ebenfalls Mitglied der Gesellschaft für Psychotherapieforschung (SPR). Sie hat in letzter Zeit den Kurzfilm Körperpsychotherapie in der Sich Verändernden Welt für EABP entworfen und mit produziert.

Ulfried Geuter, Körperpsychotherapeut und Psychoanalytiker hat seine private Praxis in Berlin, ist Honorarprofessor für Körperpsychotherapie an der Universität Marburg, Ausbilder für Psychotherapie und für Psychoanalyse, unterrichtet an verschiedenen psychotherapeutischen Ausbildungsinstituten; Verfasser von Büchern und mehreren Artikeln zur Geschichte der Psychologie und der Körperpsychotherapie; in English: The Professionalization of Psychology in Nazi Germany, Cambridge University Press, 1992; Body Psychotherapy: Experiencing the Body, Experiencing the Self, International Body Psychotherapy Journal, 2016; Beitrag in dem Handbook of Body Psychotherapy & Somatic Psychology; letztes Buch (in Deutsch) Körperpsychotherapie: Grundriss einer Theorie für die klinische Praxis, Springer 2015.

Michael Heller
Mein Name ist Michael Coster Heller. Geboren als USA Bürger in Paris (Frankreich) 3.Juni 1949. Ich lebe in der Schweiz seit meinem 11. Lebensjahr und bin inzwischen Schweizer Bürger. Ich bin ausgebildet in Piaget‘s Psychologie, und in Biodynamischer Psychologie in Genf. Als Forscher und Kliniker habe ich auf die Beziehung von Geist und Seele, während der Interaktion verschiedener Personen, fokussiert. Als Forscher habe ich überwiegend das nonverbale Verhalten von suizidalen und depressiven Patienten in Universitäts-Psychiatrischen Institutionen in Genf studiert. Als Kliniker habe ich an der Entwicklung der Körperpsychotherapie mitgewirkt, zusammen mit meinen Kollegen von der Europäischen Vereinigung für Körperpsychotherapie (EABP). Ich habe mitgewirkt bei der Gründung verschiedener Journale in dem Feld der Körperpsychotherapie und habe Schlüsselpositionen bei EABP besetzt. (Vize-Präsident im Vorstand, Präsident des Ethik Komitees und des Wissenschaftlichen Komitees). Ich publiziere und unterrichte regelmäßig zu klinischen- und Forschungsthemen über Geist und Seele seit 1980. Bin jetzt Psychotherapeut und Supervisor in Lausanne (Schweiz), während ich weiterhin auf internationaler Ebene publiziere und unterrichte. 1990 habe ich einen Überblick über den Zustand der Körperpsychotherapie publiziert in einem Band mit dem Titel Das Fleisch der Seele; ich habe versucht das Feld der Körperpsychotherapien zu definieren, in einem Textbuch veröffentlicht auf Französich bei
De Boeck Verlag: Les Psychothérapies Corporelles Eine revidierte Ausgabe wurde auf English übersetzt von Marcel Duclos für W.W. Norton (Body Psychotherapy: History, Concepts, and Methods) und ins Deutsche von Bernard Maul für Psychosozial-Verlag (Körperpsychotherapie: Geshichte – Konzepte – Methoden). Zur zeit bin ich Ehrenmitglied bei EABP.

Eleni Stavroulaki ist Ärztin (Anästhesistin), Absolventin der Kapodistrias-Universität von Athen und seit 1989 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Reich-Zentrum von Athen. Sie praktiziert Körperpsychotherapie in privater Praxis seit 1994. Sie lehrt Psychosomatische Medizin und Neurophysiologie für Psychotherapeuten im Reich-Zentrum von Athen. Sie ist Mitglied der EABP und der NOPG (Nationale Organisation für Psychotherapie von Griechenland) und ist Inhaberin eines ECP. Sie ist Mitglied des Kongress-Ausschusses für Wissenschaftliche Inhalte.

Luisa Barbato zertifizierte Reichianische Körperpsychotherapeutin, ist Vorstandsmitglied und Supervisorin bei SIAR (Italienische Gesellschaft für Reichianische Analyse) und die Direktorin desWissenschaftlichen Ausschusses bei AIPC (Italienische Vereinigung für Körperpsychotherapie). Sie ist gewähltes Mitglied des Italienischen Vorstandes des Fachverbandes der Psychologen und war Mitglied des Exekutiven Ausschusses des Forums.
Akkreditierter Ausbildungsinstitute für Körperpsychotherapie. Sie unterrichtet Körperpsychotherapie in mehreren Italienischen Post-Graduate Schulen für Psychotherapie.

Judyth O. Weaver, Ph.D. in Reichianischer Psychologie, ist zertifiziert in Somatic Experiencing; Biodynamic Craniosacrale Therapie; Prenatale& und Geburts Therapie; als Gestalttherapeutin und Rosen Methode Praktitioner/Lehrerin. Sie hat das T’ai Chi Programm am Naropa Institut gegründet. Professorin am Kalifornien Institut Integraler Studien (CIIS) für 25 Jahre; Mit-Begründerin des Santa-Barbara Graduate Institute und Urheberin dessen Doktor-Programmes für Somatische Psychologie. Sie hält eine Privatpraxis und unterrichtet international.Grundlage ihrer Arbeit ist, sowohl in der Einzel- als auch in der Gruppentherapie, die Grindel-Arbeit, bekannt auch als Sensory Awareness.