Vor-Kongress Workshop 3 12. Oktober (10:00 – 13:30)

Jenseits der Antagonismen: Wie man den Körper-Geist-Split nicht zwischen-menschlich reinszeniert

Für einen Großteil meines Berufslebens als Körperpsychotherapeut habe ich eine Anti-Haltung gegen die allgegenwärtige Ent-Körperung in der Kultur um uns herum eingenommen, die auf einer klaren Wahrnehmung des Körper-Geist-Splits (oder besser: Geist-über-Körper Split) basierte. Seit den 1970er Jahren haben wir von den Rändern der Psychotherapie her gerufen und gewettert gegen den Kartesianismus und die Dominanz der Gesprächstherapien. Erst seit den 1990er Jahren wurden wir in zunehmendem Maße anerkannt und wertgeschätzt. Schritt für Schritt haben die Neurowissenschaften unser intuitives Wissen bestätigt, mit dem wir seit Jahrzehnten gearbeitet haben.

Jedoch habe ich in der eigentlichen therapeutischen Praxis Probleme entdeckt, die mit einer solchen Anti-Haltung einhergehen – ich kam zu dem Schluss, dass ich mich durch das Eintreten für den Körper, für die Spontaneität und den Ausdruck oft in einen “Feind gegenüber dem Ego des Klienten” verwandelte, mit Konsequenzen für das Arbeitsbündnis, die sich gegen die Therapie richteten.

Oft fand ich mich auf der Seite des Körpers des Klienten gegen den Geist des Klienten – was ursprünglich ein Kampf innerhalb des Körper-Geist-Systems des Klienten gewesen war, wurde ein Kampf zwischen dem Klienten und mir. Das war kein Problem, solange das Ego des Klienten für das Projekt der Verkörperung ausreichend engagiert war. Aber im Laufe der Jahrzehnte wurden diese Klienten immer seltener, und man muss bedenken, dass viele Klienten der heutigen Zeit eher an Störungen des Selbst leiden als an Repression.

In den 1990er Jahren ging ich durch eine Krise in meiner therapeutischen Haltung und meinen theoretischen Ansichten, die viele meiner Annahmen in Frage stellten, die mir in den 1980er Jahren beigebracht worden waren. Viele Entwicklungen entstanden aus dieser Konfrontation, die ich jetzt im Nachhinein zu schätzen weiß: Ich musste in die Schattenseiten der Reichianischen Tradition schauen, einschließlich seiner Betonung der “Ein-Personen-Psychologie“; Ich versuchte, die moderne humanistische Ausdrucksweise von Körperpsychotherapie wieder mit seinen psychoanalytischen Ursprüngen zu integrieren; Ich entwickelte eine weitreichende verkörperte Integration vieler verschiedener therapeutischer Ansätze; und ich untersuchte ihre vielfältigen und widersprüchlichen Auffassungen darüber, was unterschiedliche Traditionen meinen mit “Qualität der Beziehung”, dies führte zu meinem Versuch, all die verschiedenen Weisen von Beziehung zu verkörpern und die paradoxe Spannung zwischen dem Arbeitsbündnis und der Inszenierung in das Zentrum unserer Arbeit zu stellen.

Dieser Workshop ist also das Ergebnis meiner Versuche in den letzten 25 Jahren, mich von meiner ursprüngliche Anti-Haltung gegen Ent-Körperung zu einer nicht polarisierenden integrativen, relationalen und systemischen Haltung weiter zu entwickeln, mit Auswirkungen auf unsere Theorie und Praxis und vielen Veränderungen in unseren eigenen Auffassungen als Wissenschaftszweig. Der Workshop wird eine Mischung aus theoretischer und praktischer Erforschung sein, die den Teilnehmern erlaubt, die Fragen und Ideen auf ihre eigene Praxis anzuwenden.

Michael Soth

Michael Soth ist ein integraler relationaler Körperpsychotherapeut, Trainer und Supervisor (UKCP), mit mehr als 28 Jahren Erfahrung, in der er praktiziert und unterrichtet aus einer integrativen Perspektive. Er wurde ursprünglich am Chiron-Zentrum für Körperpsychotherapie in London ausgebildet, wo er später als Ausbildungsleiter 18 Jahre lang arbeitete. Gestützt auf Konzepte, Werte und Arbeitsweisen aus einem breitgefächerten Spektrum psychotherapeutischer Ansätze in sowohl psychoanalytischen und humanistischen Traditionen, interessiert er sich für die therapeutische Beziehung als Körper-Geist-Prozess zwischen zwei Menschen, die beide verletzt und heil sind. Er hat zahlreiche Artikel und mehrere Buchkapitel geschrieben und tritt häufig als Referent bei Konferenzen auf. Er war einer der Herausgeber des Handbuchs für Körperpsychotherapie und Somatic Psychology, das im Jahr 2015 veröffentlicht wurde. Auszüge aus seinen veröffentlichten Schriften sowie Zusammenfassungen von Präsentationen und Handouts sind bei www.integra-cpd.co.uk oder Sie finden ihn auf Facebook und Twitter (INTEGRA_CPD).