Hörsaal – Präsentation 7 15. Oktober (14:30 – 16:00)

Runder Tisch: “Der Weibliche Körper in der Gesellschaft und in der Psychotherapie”
mit Bettina Schroeter, Christina Angelini, Eirini Avramopoulou, Kathrin Stauffer und Rae Johnson
Moderator: Bettina Schroeter

Der weibliche Körper in Gesellschaft und (Körper-)Psychotherapie

Der weibliche Körper ist seit tausenden von Jahren eine Matrix für (männliche) Wünsche, Ideale, Ängste und Albträume. Geehrt als Fruchtbarkeitsgöttinnen, verbrannt als Hexen, angebetet als Symbole der Schönheit und Reinheit, verachtet und gefürchtet als schmutzig, dämonisch und gefährlich: diese Mythen haben tiefe Spuren im Unbewussten von Männern und Frauen hinterlassen. Selbst nach der Frauenemanzipation ist es immer noch sine Herausforderung für die einzelne Frau, ihre Identität und ihren Körper in Anspruch zu nehmen. Die zahlenmäßige Überlegenheit der Frauen im Gebiet der KPT spricht von dieser Suche nach Selbstermächtigung. Die KPT hat Geschlechterfragen in einem erstaunlichen Maß ignoriert. Dieses Panel will Fragen über Geschlecht, Gewalt, sexuelle Identität und therapeutische Haltungen in der KPT diskutieren.

Bettina Schroeter, Dipl. Päd., HP, ECP, Ausbildnerin, Supervisorin, Therapeutin in KPT, Direktorin des Ausbildungsinstituts für Transformative Körperpsychotherapie Berlin, Gründungsmitglied der EABP. Hat in jüngerer Zeit Panels über Geschlechterfragen an DGK- und EABP-Kongressen initiiert, zusammen mit einer Gruppe Deutscher Kolleginnen.

Geschlechtsspezifische Gewalt im Nahen Osten und in traditionellen Gesellschaften

Geschlechtsspezifische Gewalt (GG) ist ein Sammelbegriff für jeden Gewaltakt gegen den Willen einer Person, der auf gesellschaftlich zugeschriebenen Geschlechtsunterschieden basiert. In patriarchalischen und traditionellen Gesellschaften, wie wir sie heute im Nahen Osten finden, ist eine starke Überlappung von gesellschaftlich konstruierten Geschlechterrollen mit dem biologischen Geschlecht zu finden, und meist werden die Begriffe als synonym betrachtet. Solche Starre im Bezug auf Geschlechterrollen ist stark mit GG assoziiert.

Christina Angelini
Zertifizierte Psychotherapeutin seit 1995. Privatpraxis in Rom: Analytische Körperpsychotherapie nach Reich; EMDR Theraeutin; Kindertherapeutin; Ausbildnerin seit 2002 für EU, UNICEF, UNFPA, AIDOS über geschlechtsspezifische Gewalt, Widerstandsfähigkeit, PTSD, Psychologische Notfall-Beratung, Kindesmißhandlung usw. in Jordanien, Syrien, Palästina, Irak, Kurdistan, Nepal, Tansania, Burkina Faso. Italienische Abgeordnete an “Women Deliver”, Malaysia 2013. Vortragende an UN CSW 2014-2015 New York USA.

Der weibliche Körper als lebendiges Archiv

Wenn man den weiblichen Körper als ein lebendiges Archiv wahrnimmt, auf das normative, heterosexuelle und sexistische Darstellungen von geschlechtsspezifischen Rollen geworfen worden sind, dann müsste man möglicherweise fragen: Welche Arten von Prozessen der Entkörperung und Enteignung müssen persönlich oder in der Gesellschaft geschehen, um diesen verletzten Körper zurückzufordern? Durch das kritische Analysieren psychoanalytischer Metaphern, die noch in Geschlechtsrollen und der Sexualität des täglichen Lebens herumspuken, wird meine Präsentation einige Meditationen anbieten über die Wiederholung von Normen und Stereotypien sowie über die performativen Aspekte des anders und neu Schreibens von Geschichten, die schmerzen.

Eirini Avramopoulou, PhD, Universität von Cambridge, ist eine soziale Anthropologin, deren Forschungsinteressen Anthropologie des Körpers, der Geschlechter und der Sexualität einschließen; außerdem die Menschenrechte, soziale Bewegungen und Aktivismus; feministische und psychoanalytische Annäherungen an Subjektivität, Biopolitics und Affekte. Sie ist die Mitverfasserin des editierten Bandes: Porno-graphics and Porno-tactics. Desire, Affect and Representation in Pornography (2016, Punctum Books), und sie vollendet zurzeit ihre erste Monographie über Affekte, Performativity und homosexueller Aktivismus in Istanbul, Türkei.

Sexualität, Marktwert und Liebe

Großbritannien hat den höchsten Prozentsatz von Teenage-Schwangerschaften in Europa, und diese jungen Frauen wollen Kinder, um jemanden zu haben, der sie bedingunglos liebt. Es scheint klar, dass diese Frauen sich zutiefst ungeliebt fühlen.
Ich treffe oft in jungen Frauen den Glauben, dass sie sich sexuell verfügbar machen müssen, um sich einen Mann zu “fangen” für eine Liebesbeziehung. In einer tragischen Perversion der Ziele der sexuellen Befreiungsbewegung der 60er und 70er Jahre ist Sexualität zu einem Attribut des “Marktwertes” einer Person geworden, und die reellen Bedürfnisse nach Liebe bleiben unbefriedigt.

Kathrin Stauffer, PhD, UKCP Registered Body Psychotherapist, ist die Autorin des Buches Anatomy & Physiology for Psychotherapists: Connecting Body & Soul (W.W. Norton 2010). Ursprünglich in der biochemischen Forschung tätig, hat sie die Ausbildung zur Körperpsychotherapeutin am Chiron Centre for Body Psychotherapy in London absolviert. Sie hat eine Privatpraxis in Cambridge und London als Körperpsychotherapeutin, biodynamische Massagetherapeutin, Ausbildnerin und Supervisorin.

Mit Geschlechterfragen Kontakt aufnehmen in der KPT

Der soziale Hintergrund im Bezug auf Geschlechterfragen verändert sich rasch, und das Hervortreten von Transgender- und Queer-Perspektiven hat den Diskurs über Männer-Frauen-Beziehungen bedeutend verschoben. Wie können wir diese Gespräche mit unseren Klienten auf einfühlsame und geschickte Art führen? Und wie bringen wir unser Verständnis des Körpers in diese Gespräche? Diese Präsentation wird sich auf praktischen Strategien konzentrieren, um besser mit Geschlechterfragen in der KPT umgehen zu können.

Rae Johnson, PhD, RSMT ist eine Kanadische Akademikerin an der Schnittstelle zwischen Körperpsychotherapie und sozialer Gerechtigkeit. Schlüsselthemen ihrer Arbeit sind die verkörperte Erfahrung von Unterdrückung und verkörperte Fragestellungen. Sie ist Autorin von Knowing in our Bones, eine Untersuchung der verkörperten Berufserfahrung von Körpertherapie-Ausbildnern, und von‚ Embodied Social Justice’ (in Vorbereitung), einem praktischen Führer für Berater, Erzieher, und Aktivisten über die Rolle des Körpers im Lernen und Verlernen von Unterdrückung.